Pflege unterm Hakenkreuz
Die Kranken- und Altenpflege, der Beruf der Pflegerin/des Pflegers, impliziert eine gewisse Hingabe gegenüber alten, kranken oder andersweitig hilfebedürftigen Menschen. Obwohl sich die Politik der Nationalsozialisten von Anfang an klar gegen Schwache, chronisch Kranke, Behinderte und „rassisch“ unerwünschte Menschen richtete, gab es keinen erkennbaren Widerstand von Seiten der Pflegenden.
In den Jahren von 1933 bis 1945 wurden im Zuge der sogenannten „Krankenmorde“ mehr als 200.000 Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen getötet. Nicht nur Ärzt*innen, auch das Pflegepersonal spielte eine entscheidene Rolle bei der Durchführung der Morde im Rahmen der sogenannten T4-Aktion in psychiatrischen Einrichtungen, Heimen und Krankenhäusern. Auch an den Gräueln in den Konzentrationslagern waren Pflegende maßgeblich beteiligt.
Wie kann es sein, dass sich das Selbstverständnis der pflegenden Berufe innerhalb weniger Jahre derart wandelte, dass sie zu aktiv oder passiv Tötenden wurden? Und wie haben diese Menschen nach 1945 „normal“ weiterleben können? Denn wie wir wissen, wurden die Täter*innen aus den Pflegeberufen kaum oder gar nicht verfolgt.
In unserem Vortrag wird es um eine historische Aufarbeitung der Verbrechen gehen und wie mit den Opfern und den Täter*innen nach 1945 umgegangen wurde. Abschließend wollen wir einen Bezug zur Gegenwart herstellen und die Frage erörtern, wie sich die Zeit des Nationalsozialismus bis heute auf Gesetze, Rollenbilder und medizinisch-ethische Vorstellungen auswirkt.
Di. 1. Oktober 2019, offen ab 18:00 Uhr, Vortrag ab 19:00 Uhr, anschließend KüfA
Bücher in der Gustav-Landauer-Bibliothek
- Ernst Klee:
- Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer
- Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag, 2001
- ISBN: 3-596-14906-1
- Signatur: b-ausc-1-4
- Reihen: Fischer (14906), Die Zeit des Nationalsozialismus
- 525 Seiten
- Harald Jenner (Hrsg.), Joachim Klieme (Hrsg.):
- Nationalsozialistische Euthanasieverbrechen und Einrichtungen der Inneren Mission
- Eine Übersicht
- Reutlingen: Diakonieverlag, 1997 (1. Auflage)
- ISBN: 3-930061-45-7, 978-3-930061-45-7
- Signatur: th-19
- 320 Seiten
- Ernst Klee:
- Was sie taten, was sie wurden
- Ärzte, Juristen und andere Beteiligte am Kranken- oder Judenmord
- Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag, 1986
- ISBN: 3-596-24364-5
- Signatur: just-5
- Reihe: Fischer (4364)
- 355 Seiten
- Ernst Klee:
- Dokumente zur „Euthanasie“
- Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag, 1985
- ISBN: 3-596-24327-0
- Signatur: b-euth-1-1
- Reihe: Fischer-Taschenbücher (4327)
- 342 Seiten
- Robert Lifton:
- Ärzte im Dritten Reich
- Originaltitel: The Nazi doctors
- Stuttgart: Klett-Cotta Verlag, 1993
- ISBN: 3-608-95977-7
- Signatur: gesc-deut-77
- Reihe: Greif-Bücher
- 681 Seiten