Empfehlung: Das Zersetzungsferment des semitischen Einschlags: Antisemitismus und Anthroposophie

Ein Vortrag von Peter Bierl

Hautcreme für Babypopos von Weleda, biologisch-dynamische Karotten der Marke Demeter, Rudolf-Steiner-Brot im Naturkostladen und die Waldorfschule basieren auf der Anthroposophie Rudolf Steiners. In dessen Welt spukten Engel und Dämonen, Volks- und Rassengeister, er mixte Versatzstücke aus Buddhismus, Hinduismus und Christentum mit Darwinismus und Kulturpessimismus zu einer esoterischen Evolutionslehre, in der Rassen und Völker bestimmte Missionen zu erfüllen haben.

Das Judentum hatte in diesem abstrusen Schema keine Existenzberechtigung. Steiner garnierte die antisemitischen Ressentiments seiner Zeit mit okkultem Brimborium und integrierte die christlichen Motive des Gottesmörders und Gottesleugners. Obwohl er kurze Zeit dem Verein zur Abwehr des Antisemitismus angehörte, blieb er sich in einem Punkt stets treu: Juden müssten sich komplett assimilieren, jede eigenständige jüdische Identität sollte verschwinden. Daraus resultierte seine scharfe Abneigung gegen den Zionismus.

Sein Antisemitismus findet sich in Briefen über das Zersetzungsferment des semitischen Einschlags oder in den sogenannten Oberuferer Weihnachtsspiele wieder, die an den Waldorfschulen jedes Jahr aufgeführt werden. Nach Steiners Regieanweisungen sind die Juden, die der Legende nach Herodes zum biblischen Knabenmord aufstachelten, als servil und schmeichlerisch darzustellen. Anthroposophen deuteten den Ersten Weltkrieg als Folge einer Verschwörung von Freimaurern, Jesuiten und Juden gegen Deutschland und die Shoa als karmischen Ausgleich für den Gottesmord.

Peter Bierl ist freier Journalist und lebt in der Nähe von München. Er schreibt u. a. für Konkret, Jungle World und Rechter Rand. Er ist Autor von „Einmaleins der Kapitalismuskritik“ (2018), „Grüne Braune: Umwelt-, Tier- und Heimatschutz von rechts“ (2014), „Schwundgeld, Freiwirtschaft und Rassenwahn. Kapitalismuskritik von rechts: Der Fall Silvio Gesell“ (2012) sowie „Wurzelrassen, Erzengel und Volksgeister. Die Anthroposophie Rudolf Steiners und die Waldorfpädagogik“ (2005).

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Do. 28. November 2019, 19:00 Uhr, Universität Witten-Herdecke, Veranstaltungsraum E.110