Vortrag und Diskussion mit Ralph Klein, Regina Mentner, Esther Stabenow und Lasse Wichert
Seit 40 Jahren finden in Witten regelmäßig Gedenkveranstaltungen aus Anlass der Pogrome gegen die jüdischen Deutschen am 9./10. November 1938 statt und folgen einem sich wiederholenden Muster. Es wird der Juden als Opfer gedacht, an die Täter, die aus der Wittener Stadtgesellschaft kamen, wird z. B. nicht erinnert. Das Gedenken an die Verbrechen von einst wird als Aufforderung an die heutige Bürgerschaft verstanden, die „demokratische Staatsform wachsam zu verteidigen“ (SPD-Fraktion im Wittener Stadtrat, 1979). Als Teil der Erinnerungskultur in der Bundesrepublik Deutschland steht das Gedenken an die Novemberpogrome „im Herzen der deutschen Identität seit 1945“ (Mirjam Zadoff, Leiterin des Münchener NS-Dokumentationszentrums).
Diese ritualisierte und häufig wenig reflektierte Form des Gedenkens birgt zwei Gefahren. Sie droht, allmählich zur bloßen Routine zu erstarren, und sie riskiert, weder auf neue historische Erkenntnisse noch auf die gewandelten gesellschaftlichen Bedingungen zu reagieren, unter denen man sich an die Verfolgung und Vernichtung der Juden Europas durch Deutsche erinnert. Manche Teilnehmer_innen der Gedenkveranstaltung empfinden diese als inhaltsleer oder als bloß formal und gut gemeint. Auf der anderen Seite werden geschichtsrevisionistische Positionen immer offener in den öffentlichen Diskussionen vertreten und antisemitische Gewalt in vielen Formen nimmt zu.
Das „Trotz Allem“ lädt in seiner Veranstaltungsreihe zum Thema „Antisemitismus“ zu einem Abend der Reflexion, des gemeinsamen Nachdenkens und der Diskussion ein. Es soll gefragt werden, wie ein zeitgemäßes Gedenken aussehen könnte, das sich weniger für dessen Beitrag zu irgendeiner Identität interessiert, sondern das sich an der Wirklichkeit des historischen und aktuellen Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft orientiert.
Mi. 24. Oktober 2018, Einlass: 19:00 Uhr, Beginn: 19:30 Uhr